Saatgutgewinnung bei Mais
Mais gehört botanisch zu den Gräsern und wird wie diese auch durch den Wind bestäubt. Die sehr feinen Pollen können kilometerweit fliegen. Blühen verschiedene Sorten bzw. Varietäten gleichzeitig in zu geringem Abstand, können sie sich miteinander kreuzen. Bei sehr unterschiedlichen Varietäten erkennt man das oft schon an der Farbe und der Form der Körner. Möchte man von einer Varietät Saatgut gewinnen und diese Varietät in ihren Eigenschaften weitgehend erhalten, ist es wichtig eine Kreuzung möglichst zu vermeiden. Bei frei abblühenden Pflanzen wird ein Mindestabstand von 3 km zur nächsten Maiskultur empfohlen. Das bedeutet bei der Vielzahl der Flächen, die heute in der Landwirtschaft mit Hybridmais bepflanzt sind, wäre fast kein Garten geeignet. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass Gebäude, Hecken und natürliche Bodenwellen Pollenfänger sind, da sie den Wind bremsen und damit auch den Pollenflug.
Möchte man mehrere Varietäten im Garten anbauen, kann man z.B. eine sehr frühreifende Sorte mit einer späten kombinieren, die dann zu unterschiedlichen Zeiten blühen. Oder man wählt Varietäten, die sich in Form und Farbe sehr voneinander unterscheiden. So können bei der Ernte untypische Körner ausgelesen werden.
Bei der Pflanzung ist darauf zu achten, dass die Abstände der Pflanzen zueinander groß genug sind, so dass man sich gut zwischen ihnen bewegen kann, aber auch nicht zu groß, damit eine gute Bestäubung gesichert ist. Am besten pflanzt man blockweise und nicht in einer langen Reihe. Daneben sind alle Pflegemaßnahmen, wie in der Kulturanleitung beschrieben, auch hier wichtig, besonders eine ausreichende Wasserversorgung während Blüte und Kolbenbildung.
Um unerwünschte Fremdbefruchtungen zu vermeiden oder zumindest zu beschränken, gibt es auch für den Hobbygarten mehrere Möglichkeiten.
1. Papiersackmethode:
Sie ist die Methode, die eine 100%ige Kontrolle ermöglicht, wenn man sorgfältig arbeitet, erfordert aber auch den größten Aufwand. Die Frage ist, ob 100% im Hausgarten nötig sind.
Für diese Methode benötigt man ein scharfes Taschenmesse, Krepp-Klebeband, eine Klammermaschine und im Fachhandel für Saatzuchtzubehör erhältliche Spezialtüten aus Pergament, die besonders reißfest sind. Die Pergamenttüten dienen dazu, pollenspendende Fahnen und die pollenaufnehmenden Seiden (Maisbärte) an den Kolben einzupacken, um eine Fremdbefruchtung auf jeden Fall auszuschließen.
Eine gute und verständliche Erläuterung dieser Methode findet man in dem Buch von A. Heistinger, „Handbuch Samengärtnerei“ und in der DVD-Sammlung der Lehrfilme zur Samengärtnerei „Saatgut ist Gemeingut“ verschiedener Saatgutinitiativen. Die Methode an dieser Stelle ausführlich zu beschreiben würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
2. A4-Methode nach Martin Häfeli
Bei dieser Methode ist es nicht notwendig, die Maispflanzen mit Papiertüten zu versehen. man versucht den Pollenflug zu lenken, um unerwünschte Bestäubungen zu vermeiden. Vollständig verhindern kann diese Methode das nicht, daher werden Körner, die nicht dem Sortenbild entsprechen nach der Ernte ausgelesen.
Ein Blatt Papier, Größe Din-A4, wird der Länge nach gefaltet, unter den männlichen Blütenstand einer Maispflanze gehalten und leicht angetippt. Der geerntete Pollen sammelt sich im Papierfalz und ist als gelber Streifen sichtbar. Nun kann man mit Hilfe des Papiers den Pollen auf die Seiden der Nachbarpflanzen rieseln lassen. Die Pollenkörner haften sofort auf der Seide, beginnen sofort auszukeimen, um ihre Wanderung durch den Pollenschlauch zu beginnen und werden auch durch Regen nicht mehr abgewaschen. Eine weitere Fremdbestäubung ist damit ausgeschlossen. Wichtig ist, alle Fäden der Seide gleichmäßig mit Pollen zu bestreuen.
Diese Arbeit muss am frühen Morgen erledigt werden, da Maispflanzen ihren Pollen nicht über den Tag verteilt abgeben, sondern bevorzugt in den frühen Morgenstunden, bevor der Wind einsetzt. Dazu reicht schon eine leichte Erschütterung, wie etwa der Flügelschlag eines Insekts. Sobald dann Wind einsetzt, ist der Pollen schnell abgegeben und der günstige Zeitpunkt vorüber. Die günstigsten Zeiten zum Pollen sammeln sind bei schönem Wetter der frühe Vormittag oder an windstillen, schwülen Tagen.
Nach Martins Häfelis Erfahrung zeigt Mais sogar eine deutliche Tendenz zur Selbstbefruchtung, so dass auch immer ein Teil des Pollens auf die Seiden derselben Pflanze fällt. Das sichert oft den Ertrag an sortentypischen Körnern, auch wenn man mal den perfekten Zeitpunkt verpasst hat.
Für weiterführende Informationen von Martin Häfeli: Anhalonium Ferme Bio Eco, Projekt zur Erhaltung und Entwicklung von Maisvarietäten im biologischen Landbau
Für jede der beiden Methoden gilt aber, dass je besser die Seiden bestäubt werden, umso besser die Ausbildung der Kolben und damit der Ertrag.
Saatguternte
Für die Saatguternte lässt man die Kolben vollständig ausreifen. Den optimalen Reifezeitpunkt erkennt man an den gelblich-braun verfärbten Hüllblättern, die jetzt auch deutlich trocken sind. Nun wird der ganze Kolben mit einem Stückchen Stiel vom Stamm der Pflanze abgeschnitten, die Hüllblätter entfernt oder zurückgeklappt und die Kolben zum Trocknen an einem warmen, luftigen Ort aufgehängt.
Nach vollständiger Trocknung der Kolben (sie sind spürbar leichter) lassen sich die Körner gut abrebeln. In der Mitte der Kolben sind die Körner häufig dem Sortenbild entsprechend am besten entwickelt und ausgeformt. Diese verwendet man als Saatgut. Jetzt ist auch der Zeitpunkt, von Sortenbild und Farbe abweichende Körner auszulesen. Zur Sicherheit kann man die abgerebelten Körner noch ein paar Tage nachtrocknen.
Damit das so gewonnene Saatgut seine Keimkraft möglichst lange behält, ist es wichtig es trocken, bei gleichmäßig kühlen Temperaturen zu lagern. Gut geeignet für ausreichend getrocknetes Saatgut sind dicht schließende Schraubgläser oder Kunststoffschraubdosen mit Zwischendeckel. Temperaturschwankungen während der Lagerung sind möglichst zu vermeiden.
Bei guter Lagerung bleiben Maiskörner 3-4 Jahre keimfähig, manchmal auch länger. Doch auch unter nicht ganz optimalen Bedingungen hat man auf jeden Fall für das folgende Jahr frisches Saatgut aus eigener Erzeugung.