Saatguterhalt und -vermehrung in Australien

In Bellingen, einem kleinen Ort mit 2.700 Einwohnern in New South Wales, ziemlich genau 550 km nördlich von Sydney am Waterfall Way zum Dorrigo Nationalpark, einem UNESCO-Weltkulturerbe, gelegen, findet regelmäßig ein großer Pflanzenmarkt statt. So auch im März 2010: etwa 50 Stände mit 100.000 Pflanzen waren dieses Mal – zum 20. Jubiläum – mit dabei, berichtete das Lokalfernsehen.

Die Stände waren mehr oder weniger kommerziell, einige hatten ausschließlich endemische Pflanzen im Angebot, die sich vielfach dadurch auszeichnen, dass sie auch mit sehr wenig Wasser zurecht kommen, andere hatten eine große Auswahl an Nutzpflanzen, sogar ein Stand zur Fortbildung von Jung und Alt im Umgang mit Schlangen war vertreten; mehr als 20 gibt es in New South Wales, davon sind allerdings sind nur drei giftig.

Einer der Stände wurde von einer lokalen Gruppe des australischen Vereins zum Erhalt der Nutzpflanzenvielfalt betreut. Vergleichbar mit dem VEN ist die Organisation „Seed Savers“, die nicht nur in Australien, sondern auch darüber hinaus aktiv ist. Die „Seed Savers“ haben an ihrem Stand auf dem Pflanzenmarkt für alte Nutzpflanzen geworben. Saatgut alter Nutzpflanzen konnte gegen Spende erstanden werden. Zum Sonderpreis erhältlich war ebenso das vom Verein herausgegebene „The Seed Savers Handbook“. Detaillierte Beschreibungen zeigen auf mehr als 170 Seiten wie der Anbau von Nutzpflanzen speziell in tropischen Breiten gelingt und wie das Saatgut gesammelt werden kann. Einige Rezepte runden das Buch schließlich ab.

Lokale Erhaltergruppen

Die auf dem Markt vertretene Regionalgruppe besteht aus rund 100 Mitgliedern, von denen sich etwa 16 – 20 einmal monatlich treffen.  Bei der Gründung werden neue Regionalgruppen u. a. durch ein so genanntes „Local Seed Network Manual“ unterstützt, das auf 100 Seiten eine Menge Tipps & Tricks parat hält, mit dem der Start und Aufbau besonders leicht fällt.

Im Gegensatz zu Deutschland ist es in Australien viel seltener, dass in den Gärten Nutzpflanzen in größerem Umfang angebaut werden. Deutlich präsenter sind allerdings alte Nutzpflanzen, die beispielsweise bei breit aufgestelltem Bioversender wie „Green Harvest Organic Gardening Supplies“ bezogen werden können. Dort findet sich neben Büchern und Werkzeugen eine ganze Menge Saatgut, u. a. auch bei uns bekannte alte Nutzpflanzensorten wie „Black Russian“, „Green Zebra“ und „St. Pierre“ (Tomaten) aber auch lokale Sorten, etwa Kürbisse namens „Australian Butter“ oder „Queensland Blue“.
Online entdecken lassen sich weitere Saatgutanbieter in Australien und die dortige Nutzpflanzenvielfalt unter:

Präsent ist das Thema Bio-Anbau und alte Nutzpflanzen ebenso in den zahlreichen Zeitschriften und sogar in wöchentlichen Fernsehsendungen wie „Better Homes & Gardens Australia“ (ebenso als Magazin), in denen die hiesige Form von Kleingärten ebenso propagiert wird wie die Vorstellung alter Nutzpflanzen am Beispiel von „Mornington Peninsula’s edible gardens“ im Süden der Millionenmetropole Melbourne.

Pastinake in Australien sehr beliebt

Das Logo-Gemüse des VEN, die Pastinake, ist in Australien ein weitläufig bekanntes und beliebtes Gemüse, das auch im ganz normalen Supermarkt erhältlich ist. Die Sortenvielfalt ist recht groß: Neben „Guernsey“ und „Large Jersey“ wird auf Böden mit wenig Erde vor allem „Oxheart“ angebaut, der eine kurze, dicke Wurzel bildelt. „Melbourne Whiteskin“ findet sich eher im professionellen Gemüseanbau. Dünn, mit einer langen Wurzel ist die Sorte „Freshman“, vor allem in Neuseeland verbreitet. „Tender and True“ ist eine alte Sorte, die spitz zuläuft, deren Frucht eine deutliche Maserung aufweist und sich durch ihre besondere Süße auszeichnet.