Artischocke, Butterkohl, Calendula - giftfreien Gemüseanbaus

Es führt zu nichts, wenn ich über Sommer etwas zu einem Gartenbuch schreiben will. Zu sehr lockt der Garten, immer ist etwas zu säen, zu pflanzen, zu ernten. Erst wenn es Winter ist, gibt es ausreichend Zeit zum Schreiben. So kommt die Buchbeschreibung spät.
 
Bücher über Gärtnern, Gemüseanbau zeichnen sich oft dadurch aus, dass der eine Autor vom Anderen abschreibt und man nicht viel Neues erfährt. Das ist bei diesem Buch anders. Hier hat der Autor eigene Gedanken, Erfahrungen, Wissen aufgeschrieben und stellt sie den Lesern zur Verfügung.
 
Der Autor ist selbst als Zehnjähriger zum Mit-Gemüsegärtner geworden, als der Vater in den Krieg musste. So basiert das Buch auf langer Erfahrung mit dem Anbau von Gemüse im eigenen Garten.
 
Das Buch ist ein Plädoyer für den Gemüseanbau im eigenen Garten, weil der Handel, wie der Autor beschreibt, immer fragwürdigere Produkte liefert.
Zum Beispiel dürfen Kartoffeln vor, beim Anbau und nach der Ernte mit einer Vielzahl von Mitteln behandelt werden, die in der Lebensmittelproduktion eigentlich nichts zu suchen haben. Aber will man "Drillinge" (kleine Kartoffeln) auf den Markt bringen, muss der Wachstumsprozeß halt chemisch gestoppt werden. Auf das natürliche Absterben des Kartoffellaubes will man nicht warten, also wird nachgeholfen.
Geerntete Kartoffeln sollen nicht frühzeitig keimen, was mit weiteren Chemiegaben vermieden wird. Der Verbraucher wird über die Gefahren, die von konventionellen Gemüse ausgehen, nur unzureichend informiert.

Ein Grund, Gemüseanbau selbst in die Hand zu nehmen, selbst dafür zu sorgen, dass der Boden fruchtbar wird und bleibt, damit er auch noch für die zukünftigen Generationen zum Anbau von Lebensmittel genutzt werden kann.
 
Gemüseanbau im eigenen Garten braucht Informationen aus vielen Fachbereichen. In diesem Buch sind viele Informationen zu den einzelnen Kulturen zusammengetragen: Auch nicht so gewöhnliche Kulturen, wie Yacon, Süßkartoffeln, Speiseklette werden detailliert beschrieben. Direktsaat oder Vorkultur, Keimtemperatur und Keimdauer, Abstände zur nächsten Pflanze, Kulturdauer von der Aussaat bis zur Küchenreife. Angesprochen werden auch Bodenansprüche, Sortenwahl und mögliche Krankheiten oder Schädlinge und wie diese verhindert oder bekämpft werden können. So liefert dieses Buch viele nützliche Informationen, die es sonst in dieser Zusammenfassung nicht gibt.
 
Und auch für erfahrene GemüsegärtnerInnen gibt es immer wieder neues zu lernen. Das schwierige Anziehen von Petersilie scheint in einer Keimhemmung begründet zu sein. Die Samenkörner färben das Wasser. Die Vermutung des Autores,: Doldenblüter entwickeln während der Reife eine Keimhemmung, die erst aufgehoben wird, wenn der Boden ausreichend durchfeuchtet ist. Der Tipp: Samenkörner mit abgekochtem, kaltem Wasser spülen, bis es keine Verfärbung mehr gibt. Das probiere ich doch gern aus.
 
Der eigene Gemüseanbau ist auch unter den Vorzeichen der zukünftig zu erwartenden Klimaveränderungen sinnvoll. Nach Beobachtung des Autors werden wir mit deutlich niederschlagsreicheren Wintern, regenärmeren Sommern, geringeren Niederschlagsmengen im Mai, Juni, Juli , dem Absinken des Grundwasserspiegels und mit Wetterextremen zu rechnen haben. Auf solche Zeiten muss sich einstellen, wer im Hausgarten Gemüse anbauen will. Dies bedeutet, tiefwurzelnde Sorten zu finden, die problemlos am Langtag wachsen. Durch gute Bodenpflege kann die Humusschicht  vergrößert werden, damit im Winter Wasser besser gespeichertn  wird und  Trockenzeiten nicht zum Problem werden.
 
Während andere Gemüsebücher nur bis zur Ernte denken, gehört hier die Pflege eigener Sorten und der Saatgutbau mit dazu. Empfohlen wird, darauf zu achten, dass die eigenen Sorten gesund wachsen, lange zu beernten sind und eine eigene Saatguternte möglich ist.
 
Für die praktisch Gartenarbeit wird empfohlen, sich die Arbeit nicht schwer zu machen, Hilfsmittel und Wissen zu nutzen. Dies erscheint besonders deshalb hilfreich, weil wir alle älter werden und trotzdem weiter im Garten erfolgreich sein wollen.
 
Dieses vortreffliche Buch, mit dem großen Wissen im Hintergrund, ist leider vom Verlag nicht gut betreut worden. Am Korrekturlesen, am Seitenumbruch, am Layout scheint gespart worden zu sein. Das ist schade, weil dadurch die gute Grundlage durch den großen Erfahrungsschatz nicht ausreichend gewürdigt wurde.
 
Kornelia Stock
VEN-Patenschafts-AG
Hannover Januar 2012

Peter Haase
Artischocke, Butterkohl, Calendula - giftfreien Gemüseanbaus
Der Nutzgarten nicht nur im Alter
Organischer Landbau Verlag Kurt Walter Lau, Kevelaer 2011