ErhalterInnen der landwirtschaftlichen Vielfalt feiern VEN-Jubiläum

Die Feier zum 25. Jahrestag des VEN in Witzenhausen war ein Fest für die landwirtschaftliche Vielfalt und für ihre ErhalterInnen. Sie präsentierten ihre Arbeit auf über einem Dutzend Ständen und Ausstellungen. Man konnte alte Freunde treffen, neue kennen lernen, Erinnerungen teilen, Pläne schmieden und sich an Aussehen und Geschmack der Vielfalt erfreuen. Der Film „Zukunftsfelder – philippinische Bauern im Klimawandel“ interessierte viele BesucherInnen. Besonders viele Studierende, aber auch etwa zwei Dutzend VEN-Mitglieder waren unter den TeilnehmerInnen am umfangreichen Programm.

Grußworte sprachen Prof. Andreas Bürkert, Lehrstuhl Ökologischer Pflanzenbau und Agrarökosystemforschung in den Tropen und Subtropen und Direktor des Tropengewächshauses, und die Bürgermeisterin Angela Fischer, die u.a. die Deutsche Genbank Kirsche in der Kirschenstadt Witzenhausen unterstützt. Prof. Karl Hammer, der nicht nur viele Jahre die zweitgrößte Genbank der Welt in Gatersleben geleitet hat, sondern auch in Witzenhausen den ersten und bisher einzigen Lehrstuhl für Agrarbiodiversität in Deutschland innehatte, stellte den kulturellen Aspekt der Nutzpflanzenvielfalt heraus: Saatgut ist (auch) Kulturgut. Die erste Vorsitzende Dr. Susanne Gura brachte in einem Rückblick die Vereinsgeschichte auf den Punkt: Wir haben ca 6000 Herkünfte von rund 4000 Sorten gesammelt und nicht nur vor dem Verlust bewahrt, sondern auch – anders als die Genbanken - durch Anbau und Nutzung weiter entwickelt. Unser Wissen geben wir gerne weiter, denn ohne die Menschen, die die unterschiedlichen Pflanzenarten und -sorten kennen, und sie anzubauen, zu vermehren und zu verwenden wissen, ist keine dauerhafte Erhaltung möglich. Dagegen haben die Chemie- und Saatgutkonzerne die biologische Vielfalt in drastischem Tempo aus den Ökosystemen und von den Märkten verdrängt. Auch gentechnikfreies Saatgut könnte demnächst durch Patente kontaminiert sein. Derzeit gilt es, u.a. mit der Reform des europäischen Saatgutrechtes die Rahmenbedingungen zu verbessern. Der VEN kooperiert dabei mit vielen anderen Organisationen im Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt und in der Interessengemeinschaft Gentechnikfreie Saatgutarbeit.

Die Talkrunde mit Ludwig Watschong (Gründer von VEN und Dreschflegel), Dr. Thomas Gladis (Kulturpflanzenforscher), Ursula Reinhard (langjährige Vorsitzende des VEN) und Antje Feldmann (GEH) betonte u.a. den Abbau der öffentlichen Ausbildung im Bereich Samenbau, Taxonomie und Sortenkunde. Die Vielfalt der deutschen Brotsorten mag Weltkulturerbe werden, aber die verwendeten Getreidearten und -sorten sind alles andere als vielfältig. Unsere Ökosysteme sind von den chemischen Inputs für industrielle Sorten schwer geschädigt, und der Konsum von Produkten aus industrieller Tierhaltung vernichtet über Sojaimporte auch die Ökosysteme im Süden.

Höhepunkt des Festes war die Rede der Saatgutaktivistin Dr. Vandana Shiva. Sie erinnerte daran, dass entgegen dem Mythos die Grüne Revolution gerade nicht zu Frieden und Gerechtigkeit beigetragen, sondern –wie im indischen Punjab- bewaffnete Konflikte hervorgerufen hat. Der Preis des Saatgutes auf monopolisierten Märkten ist bis heute mehrtausendfach gestiegen, hinzukommen die Kosten der Agrarchemie. Etwa 250.000 indische Bauern fanden aus der Verschuldung und dem Verlust ihres Landes keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung. Vandana Shiva rief dazu auf, dass ähnlich wie Mahatma Gandhi gegen das Salzmonopol Widerstand initiiert hat, nun gegen die Saatgutmonopole Widerstand geleistet werden muss. Nachbau dürfe nicht kriminalisiert und Patente auf Leben müssten verhindert werden.

Bernward Geier, der 1986 gemeinsam mit Ludwig Watschong den VEN gegründet hatte, führte durch das Programm. Mitveranstalter waren das Tropengewächshaus der Universität Kassel/Witzenhausen –Marina Hethke war an Konzeption und Organisation maßgeblich beteiligt- und der BUND Werra Meissner. Den Sponsoren, nämlich Naturkost Elkershausen, Rapunzel, Alnatura, Stadt Witzenhausen, DITSL, Dreschflegel und Agrarkoordination sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt.