+++ EIL +++ Rote Bete gibt Exklusivinterview +++ EIL +++
Vorhang auf für das Gemüse des Jahres 2023 und 2024 - die Rote Bete. Leider gehörte sie auf der Bühne des Gartentheaters bisher nicht zu den Starbesetzungen. Wer könnte jedoch die Vorurteile besser aus dem Wege räumen als die Protagonistin selbst? Es ist uns gelungen, ein Exklusiv-Interview mit der kommenden Hauptdarstellerin zu führen!
Die Rote Bete wird zur Hauptdarstellerin
Entschuldigen Sie bitte die peinliche Frage gleich am Anfang: wie sprechen wir Sie richtig an?
Bete: Ha, da haben Sie ja gleich einen Nerv getroffen! Immer wieder muss ich es ertragen, als Beete tituliert zu werden! Unerhört! Die Wurzeln meiner Familie Beta gehen bis 1000 vor unserer Zeitrechnung nach Vorderasien zurück, wir können auf Verzehrempfehlungen von Paracelsus stolz sein. Also bitte Bete! Freunde dürfen uns auch Rahna, Rahner, Randen, Rübe, oder Salatrübe nennen!
Gut, dass wir das geklärt haben. Da wäre dann aber noch die Frage nach Ihrem Namenszusatz “rot”...?
Bete: Da sind Sie wohl nicht auf dem aktuellsten Stand? Mittlerweile gibt es uns in weiß, gelb, orange oder sogar rot-weiß geringelt! Auch die Klassiker in rot haben mit unterschiedlichen Formen (rund, plattrund, länglich) eine reiche Vielfalt entwickelt. Nicht zu vergessen unsere Blätter, die grün mit roten Blattadern ein Hingucker im Gemüsebeet sind.
Sie sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden, worauf führen Sie das zurück?
Bete: Wir hatten ja historisch gesehen nicht so einen guten Stand und waren als Arme-Leute-Essen verschrien, wurden totgekocht und fristeten in Gläsern eingesperrt unser Dasein. Heute wird aus uns Saft oder Rohkost produziert, wir werden fermentiert und dienen sogar zum Färben von Lebensmitteln wie zum Beispiel Ostereiern, gerne hinterlassen wir unsere Farbe auch auf Händen, wenn man uns ohne Handschuhe schälen möchte.
Natürlich gibt es auch leckere Varianten, uns zu garen und einzukochen. Nur Mut! Aus bekannten Gerichten wie dem Labskaus oder dem Borschtsch sind wir nicht wegzudenken.
Wie kann man Sie denn vermehren?
Bete: Mit der Vermehrung lasse ich mir ein wenig Zeit. Im ersten Jahr lege ich meine ganze Kraft in die Bildung der Rübe. Die schönsten Vertreter sollte mein Gärtner nicht verzehren, sondern liebevoll über den Winter bringen. In milden Gegenden darf ich in der Erde bleiben, wo es im Winter kälter als -7 Grad wird, werde ich ausgebuddelt und halte meinen Winterschlaf in einer Sandkiste an einem frostfreien Ort. In jedem Falle wird mein Laub vorsichtig entfernt. Bitte nur abdrehen und ca. 1cm stehen lassen, sonst blute ich aus. Im Frühjahr darf ich dann wieder nach draußen, aber bitte erst nach dem Frost. Dann bilde ich Stängel, an denen die Blüten sind. Bei der Verbreitung der Pollen hilft mir der Wind und auch manchmal Käfer. Nach erfolgreicher Befruchtung setze ich meine ganze Kraft in die Samenbildung.
Spannend! Wie geht es dann mit den Samen weiter?
Bete: Die Samen sind reif, wenn sie eine bräunliche Farbe haben. Die Stängel, an denen die Samen sitzen, schneidet der Gärtner ab und läßt sie an einem luftigen Ort noch ein wenig nachtrocknen. Dann kann man die Samenknöllchen vom Stängel abriffeln oder abschütteln. Meine Kinder möchten dann bitte dunkel, kühl und trocken aufbewahrt werden, so erfreuen sie den Gärtner mindestens sechs Jahre, oft weit darüber hinaus bis zu zehn Jahre mit einer hohen Keimfähigkeit.
Die Bete muss ins Bett…
Bete: Ich verbitte mir doch diese Wortspiele!
Wir meinen natürlich das Beet… Welche Ansprüche stellen Sie denn an Ihr Beet?
Bete: Sie können es wohl nicht lassen? Ich ignoriere das geflissentlich! Wir sind da recht anspruchslos und gedeihen auf vielen Böden. Nur sehr lehmhaltige Böden mögen wir nicht, wir brauchen einen lockeren Boden, um unsere Rüben schön ausbilden zu können. Auch beim Wasser sind wir nicht pingelig, mäßiges Gießen reicht uns aus, nur bei länger anhaltender Trockenheit werden unsere Rüben holzig.
Sie entstammen ja einer großen Familie, die nicht nur für die Wurzeln bekannt ist, sondern auch für die Blattnutzung.
Bete: Grundsätzlich kann man von uns alles nutzen, das heutzutage moderne “from root to leaf” - “Von der Wurzel bis zum Blatt” trifft auf uns vollkommen zu. Unsere jungen Blätter können in Salaten verwendet werden, ältere Blätter dünstet man wie Spinat (ein entfernter Verwandter von uns), da sind sowohl der Stiel als auch die Blätter sehr schmackhaft. Bekanntester Verwandter aus der Beta-Familie ist wohl der Mangold, aber auch Rüben wie die Futterrübe gehören zu unserer Sippschaft.
Ihr Äußeres hat uns schon mal überzeugt, nun zu Ihren inneren Werten.
Bete: Wir sind reich an wertvollen Vitaminen, Mineralstoffen, Fettsäuren, Aminosäuren und Spurenelementen. Wir haben einen hohen Gehalt an Vitamin B, Kalium, Folsäure und Eisen.
Man kann Sie also nicht nur kulinarisch nutzen, es steckt auch heilkräftiges Potenzial in Ihnen?
Bete: Bereits Paracelsus wusste um unsere Heilkraft. Wir können das Immunsystem stärken, wirken antibakteriell, antiviral, Blutdruck und Cholesterin senkend. Besonders der hohe Eisengehalt wirkt positiv auf den Knochenstoffwechsel, auf das Muskelwachstum und die Gehirnfunktion.
Mit wem gehen Sie denn nun bevorzugt ins Bett?
Bete: *räuspert sich vorwurfsvoll*
Oh, jetzt ist es schon wieder passiert. Entschuldigen Sie bitte, gemeint ist natürlich ins Beet.
Bete: etwas mehr Contenance, wenn ich beten darf… Natürlich “bitten”, Sie bringen mich ganz durcheinander. *verlegenes Hüsteln*
In guter Nachbarschaft leben wir mit Gurken, Bohnen, Kohlrabi und Salat. Weniger gut verstehen wir uns mit Kartoffeln, allen Lauch- und Zwiebelarten, Mangold und Spinat.
Wir danken Ihnen für das erhellende Gespräch.
Bete: Solange Sie uns nicht das Wort in der Wurzel umdrehen, sind wir zufrieden. *polternd ab*