‘Paas Lintorfer Frühe’ Eine Bohnensorte kehrt zurück

von Raimund Günster,
erschienen im Grünen Anzeiger Ausgabe 01/2016

'Paas Lintorfer Frühe' beim Bioland-Betrieb Thees auf dem Wochenmarkt in Düsseldorf-Derendorf

'Paas Lintorfer Frühe' beim Bioland-Betrieb Thees auf dem Wochenmarkt in Düsseldorf-Derendorf

Saatgut wieder im Profi-Vermehrung

Das Saatgut der ehemaligen VEN-Patenbohne' Paas Lintorfer Frühe' wird jetzt bei Dreschlflegel wieder professionell vermehrt und kann in deren Shop gekauft werden.  Zu verdanken ist der Erfolg unserer Patengruppe und besonders Raimund Günster, der sich intensiv um die Rückkehr dieser Bohne in den Markt bemüht hat. Anfang Januar 2016 hatte er geschrieben:

Der Weg in die Arche des Geschmacks:

Anbau wie auch Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte aus Gartenbau und Landwirtschaft haben in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung erfahren. Der Handel unterstützt diesen Trend nachdrücklich. Was liegt also näher, als bodenständigen, an den Standort und die örtlichen Klimabedingungen angepaßten „alten“ Gemüsesorten hierdurch eine Chance zu geben.

Alte regionale Sorten wie zum Beispiel die Kartoffelsorte ‘Bamberger Hörnla’, der Maiwirsing, das Teltower Rübchen oder der Lausitzer Nelkenapfel haben einen festen Platz in der Slow-Food-Arche des Geschmacks, einem seit 1996 laufenden internationalen Projekt der Slow Food Stiftung. Die Bohne ‘Paas Lintorfer Frühe’ ist seit Anfang Dezember 2014 der 53. Arche-Passagier. Damit ist ein erster, wichtiger Schritt zum Erhalt dieser Sorte getan.

Die ‘Paas Lintorfer Frühe’ ist eine großlaubige Buschbohne mit weißer Blüte, rundovalen fadenlosen grünen Hülsen und weißen Samen, die 1944 als Züchtung der Fa. Paas & Co. – Samenzucht und Samenhandlung – in Lintorf bei Düsseldorf als Hochzuchtsaatgut anerkannt wurde. Diese als Schnitt- oder Brechbohne genutzte Sorte zeichnet sich durch einen feinen, milden Bohnengeschmack aus. Fädige Bohnen schmecken übrigens deutlich kräftiger.

Gehandelt wurde diese rheinische Bohnensorte bundesweit, und als ertragreiche Sorte auch auf einer Hamburger Gartenschau ausgestellt. Am 15. Mai 1972 wurde der Saatgutbetrieb aufgegeben. Infolge von Zahlungsunfähigkeit ist die Fa. Paas & Co. in Konkurs gegangen; die Saatgutproduktion in Lintorf wurde eingestellt.

Bis zur Wiedervereinigung 1989 war die ‘Paas Lintorfer Frühe’ nicht mehr erhältlich. Das jetzt verfügbare Saatgut stammte zunächst aus den Genbankbeständen des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben. Es wird vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. (VEN) als Patensorte angeboten. Ein Pate übernimmt den Erhalt „seiner“ Sorte durch Anbau und gibt einen Teil der gewonnen Samen aus der Ernte zurück. So habe ich 2010 von einem Gärtner im VHS-Biogarten-Düsseldorf eine Handvoll Bohnenkerne der ‘Paas Lintorfer Frühe’ erhalten und baue diese seitdem in meinem Kleingarten an. Soweit verfügbar, gebe ich ebenfalls Saatgut in Kleinportionen unentgeltlich an Privatpersonen weiter, verbunden mit der Bitte, diese Bohnensorte nicht nur selbst anzubauen, sondern auch eigenes Saatgut zu gewinnen.

Im Anbau ist die ‘Paas Lintorfer Frühe’ eine eher anspruchsvolle Bohnensorte, die sich mit wüchsigen Hochbüschen und gutem Hülsenansatz präsentiert; sie wird unter optimalen Bedingungen rund 55 cm hoch – hoch genug für die langen Hülsen. Es erscheint sinnvoll, die dünnhäutigen weißen Bohnensamen erst nach den Eisheiligen bei gutem „Bohnenwetter“ auszusäen und in mehreren Sätzen anzubauen (geeignet auch als Spätkultur bis zur zweiten Julihälfte). Das rasche Jugendwachstum der Bohne holt einen eventuellen Rückstand schnell wieder auf. Zur Verbesserung der Standfestigkeit empfiehlt sich ein Anhäufeln bei den handhohen Bohnenpflanzen. Des weiteren sollte bereits frühzeitig durchgepflückt werden. Die ‘Paas Lintorfer Frühe’ hat ein enges Erntefenster. Das macht sie tendenziell auch für Gartenbaubetriebe interessant. In der Region um Düsseldorf wird die Bohne mit Erfolg wieder von einigen Bio-Betrieben direkt vermarktet. Das ist eine hoffnungsvolle Entwicklung. Gleich, ob in größerem oder kleinen Anbau – einen Versuch ist diese Bohne allemal wert.

Sortenbeschreibung lt. Sortenamt für Nutzpflanzen, Heft 2/1, 1949:

‘Paas Lintorfer Frühe’ o.F.
Gruppe: Hülse flachoval, grün, ohne Fäden.
Abstammung: ‘Schreiber's Granda’ o.F. x ‘Herkules’ m.F.
Merkmale:
Busch: Rundbusch bis Hochbusch …, mittelstark belaubt.
Blatt: groß, breit bis sehr breit, spitz, mittel bis sehr stark blasig, mittelgrün bis hellgrün.
Blüte: Fahne gelblich, Flügel weiß.
Hülse: 16–18 cm lang, 1,3–1,4 cm breit, flachoval …, leicht gekrümmt, mittel bis hellgrün.
Trockenhülse: leicht geschrumpft, pergamentartig.
Korn: nierenförmig, teilweise walzenförmig …, mittellang bis lang, schmal bis mittelbreit, rund, grauweiß.
Nabel: flach bis schwach erhaben.
Körnerreife: früh bis mittelfrüh.
Ähnliche Sorte: ‘Schreiber's Granda’ o.F. = etwas langhülsiger und etwas früher.
Anbaueignung: als Brech- und Schnittbohne, ertragreiche Sorte.